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Für Mütter mit Migräne: Stillberaterin Bärbel Aab im Interview

Wie beeinflusst Migräne das Stillen – und was hilft wirklich? Stillberaterin Bärbel Aab gibt konkrete Antworten auf die häufigsten Fragen meiner Klientinnen und Followerinnen damit dir das Stillen als Mama mit Migräne bestmöglich gelingt.
 Eure Fragen an Bärbel Aab zum Thema: Stillen als Migränebetroffene
Eure Fragen an Bärbel Aab zum Thema: Stillen als Migränebetroffene

Stillen ist eine zutiefst natürliche, aber nicht immer einfache Erfahrung – besonders dann, wenn Mütter gleichzeitig mit gesundheitlichen Herausforderungen wie Migräne zu kämpfen haben. Umso wichtiger ist kompetente, einfühlsame Unterstützung in dieser sensiblen Phase. Für diesen Beitrag durfte ich mit der erfahrenen Stillberaterin Bärbel Aab sprechen, die seit vielen Jahren Mütter auf ihrem Weg begleitet – mit viel Herz, Fachwissen und einem ganzheitlichen Blick.


Besonders schön: Bärbel hat sich die Zeit genommen, auf Fragen einzugehen, die direkt von meinen Followerinnen und Klientinnen eingereicht wurden. In diesem Interview teilt sie ihre Expertise zu Themen wie Stillprobleme, Selbstfürsorge im Wochenbett und die besonderen Herausforderungen für Mütter mit Migräne.


Ich bin Simone, Doula und Gründerin von Mama mit Migräne. Als selbst betroffene Mama begleite ich Frauen ganzheitlich durch Kinderwunschzeit. Schwangerschaft und Wochenbett und darüber hinaus – mit einem klaren Fokus auf das Leben mit Migräne. Die Bedürfnisse stillender Mütter mit Migräne liegen mir dabei besonders am Herzen.


Mehr über Bärbel Aab und ihre Arbeit findest du hier:👉 www.ergotherapie-stillberatung-regenstauf.de/team/bärbel-aab




Aktueller Forschungsstand: Stillen, Schwangerschaft und Migräne


Bevor wir auf die individuellen Fragen aus der Community eingegangen sind, haben Bärbel Aab und ich uns intensiv mit dem aktuellen Stand der Forschung und den medizinischen Leitlinien zur Behandlung von Migräne in Schwangerschaft und Stillzeit beschäftigt. Unser Ziel war es, fundierte und sichere Informationen weiterzugeben – abgestimmt auf die besonderen Bedürfnisse stillender Mütter mit Migräne.




Was sagen die medizinischen Leitlinien?


Die aktuelle medizinische Leitlinie zur Migränebehandlung empfiehlt:


  • Leichte Migräneattacken in Schwangerschaft und Stillzeit möglichst nicht medikamentös zu behandeln.

  • Stattdessen wird geraten zu:


    • Reizabschirmung (z. B. ruhiger, abgedunkelter Raum)

    • Ruhe und Entspannung

    • Kühlung (z. B. durch Eispackungen)



In schwereren Fällen:


  • Eine medikamentöse Behandlung ist nicht ausgeschlossen, sollte jedoch immer ärztlich begleitet werden.



Besondere Aufmerksamkeit gilt:


  • Starker Übelkeit oder wiederholtem Erbrechen – hier weist die Leitlinie auf ein erhöhtes Risiko für mütterliche und kindliche Komplikationen hin.

  • Eine individuelle medizinische Betreuung ist in solchen Fällen unerlässlich.






Infobox: Wo gibt es Hilfe bei Medikamentenfragen?


Bei Unsicherheiten zur Sicherheit von Medikamenten in Schwangerschaft oder Stillzeit können folgende Stellen kontaktiert werden:


  • Embryotox: wissenschaftlich fundierte Informationen zu Medikamenten in Schwangerschaft und Stillzeit

  • Reprotox: bietet auch schnelle und unkomplizierte Beratung per E-Mail – eine wertvolle Ressource in belastenden Situationen





Was zeigt die aktuelle Forschung?


Eine Studie aus dem Jahr 2024 (Manav et al., Headache) liefert neue Erkenntnisse:


  • Frauen mit Migräne stillen ihre Babys im Durchschnitt kürzer als Frauen ohne Migräne.

  • Grund dafür könnten:


    • fehlende Informationen über sichere Behandlungsmöglichkeiten

    • Unsicherheit bezüglich Medikamenteneinnahme beim Stillen

    • und der belastende Verlauf der Migräne selbst sein




Die Autor:innen der Studie fordern daher:


Gezieltere Unterstützung für migränebetroffene Mütter, u. a. durch:


  • Aufklärung zur Medikamentensicherheit

  • Zugang zu stillverträglichen Behandlungsmöglichkeiten



Unser Ziel mit diesem Beitrag



Genau hier setzen wir an:

Mit diesem Beitrag möchten wir aufklären, informieren und unterstützen – für mehr Sicherheit im Umgang mit Migräne während Schwangerschaft und Stillzeit.



Was beschäftigt euch? – Eure Fragen an Bärbel Aab


Nachdem wir die wichtigsten wissenschaftlichen Grundlagen und Empfehlungen zur Migräne in Schwangerschaft und Stillzeit beleuchtet haben, möchten wir nun den Blick auf eure persönlichen Anliegen richten.


Bärbel Aab, langjährige Stillberaterin und Expertin für die Begleitung von Müttern mit Migräne, hat sich die Zeit genommen, auf eure Fragen aus der Community einzugehen – einfühlsam, fachkundig und praxisnah.


Hier kommen eure häufigsten Fragen – und ihre Antworten von Bärbel an euch:

Bärbel Aab
Bärbel Aab


Frage 1:

Gibt es Tipps zum Stillen in der Nacht?


Dass Säuglinge nachts gestillt werden wollen, ist völlig normal. Sie erhalten auf diese Weise ausreichend Nahrung und halten die Milchmenge aufrecht. Daher kann es gut sein, dass Dein Baby nachts öfter gestillt werden möchte, als Du vielleicht annimmst.


Kleine Babys stillen zwischen 10-12x in 24 Stunden. Auch ältere Kinder beruhigen sich gerne nachts an der Brust und stillen so auch ihren Hunger und ihren Durst. Dieses Verhalten zeigen viele, auch über den 6. Lebensmonat hinaus, und es ist ein normales Verhalten. Wenn Dein Kind schon längere Phasen ohne gestillt zu werden, schlafen kann, ist das natürlich auch prima, solange es gut zunimmt, genieße das!


Um selbst ausreichend Ruhe in der Nacht zu bekommen, ist es gut, wenn Du Dir von Deiner Hebamme oder einer Stillberaterin vor Ort das Stillen im Liegen zeigen lässt, so dass Du, wenn Du etwas Routine hast, nachts nicht aufstehen und auch nicht im Sitzen stillen musst. So kannst Du, wenn Du und Dein Baby etwas geübter sind, einfach während des Stillens etwas Schlaf tanken.*


*Dabei beachtest Du die Maßnahmen zum sicheren Babyschlaf.

 



Frage 2:

Kann sich mein eigener Stress/meine Angst vor der nächsten Migräne auf die Milchbildung auswirken?


Ja, Stress kann über verschiedene Mechanismen durchaus dazu führen, dass Deine Milchmenge niedriger ausfällt, als gewünscht, wie ein Review aus 2021 zeigt:


'Es gibt Belege dafür, dass psychische Belastungen eine Rolle bei verschiedenen Stillergebnissen spielen, einschließlich einer verzögerten Milchausschüttung und einer verkürzten Dauer des ausschließlichen Stillens. Ein physiologischer Mechanismus, der zur Erklärung dieser Zusammenhänge vorgeschlagen wird, besteht darin, dass psychische Belastung die Freisetzung von Oxytocin beeinträchtigen kann, einem Hormon, das eine entscheidende Rolle beim Milchspendereflex (MSR) während der Stillzeit spielt. Eine anhaltende Beeinträchtigung des MSR kann zu einer verminderten Milchproduktion führen, da sich die Brust bei jeder Stillmahlzeit unvollständig entleert.


Mütterlicher Stress kann auch zu erhöhten Cortisolspiegeln im Serum und einer verminderten Insulinsensitivität führen, die mit einer verringerten Milchproduktion einhergehen können. Der Zusammenhang zwischen psychischer Belastung und Stillen ist jedoch wahrscheinlich bidirektional, da das Stillen die mütterliche Belastung zu verringern scheint, möglicherweise wiederum über die Auswirkungen auf die Lust/Belohnung und die beruhigende Wirkung von Oxytocin auf die Mutter. Dies deutet darauf hin, dass Maßnahmen zur Unterstützung der Stillzeit und der Stillziele bei Frauen, die hohe Werte bei der Messung der psychischen Belastung aufweisen, sowohl für das mütterliche als auch für das kindliche Wohlbefinden von Vorteil wären.'


Quelle: Nagel, et al 'Maternal psychological distress and lactation and breastfeeding outcomes: A narrative review', Clin Ther, 2021


Daher ist es sinnvoll bereits im Vorfeld der Stillzeit zu überlegen, wer im Umfeld zur Verfügung steht, um Dich als Stillende zu entlasten, um so vermeidbaren Stress zu reduzieren.

  • Was sind besondere Stressfaktoren für Dich?

  • Wer kann Dir Aufgaben abnehmen?

  • Welche Routinen benötigst Du? 

  • Wieviel Schlaf brauchst Du? Wer kann Dein Kind beaufsichtigen während Du schläfst?

  • Informiere Dich über bequeme Tragehilfen, Stillkissen, um entspannt stillen zu können.

  • Was kannst Du in der Schwangerschaft bereits erledigen, was später mit Baby mühsam ist? (Anträge ausfüllen/Vorräte anlegen...)


Frage 3:

Wie kann ich im Liegen stillen?


Hier findest Du einen guten Überblick über das Anlegen und Positionieren Deines Babys.


Hier und hier findest Du schöne Handouts zum Thema Stillpositionen.


Wenn Du beim Anlegen Deines Babys feststellst, dass es nicht bequem ist, bitte hole Dir Hilfe von Deiner Hebamme oder einer Stillberaterin, damit ihr es in der Stillzeit bequem haben könnt!





Frage 4:

Wie kann ich Druck rausnehmen? Ich will unbedingt stillen, aber habe Angst, dass meine Migräne mich hindert und die Stillbeziehung negativ beeinflusst.


Es ist nicht zu überlesen überall steht es: 'Stillen ist das Beste für Mutter und Kind'.

Das erzeugt einen großen Druck. Wenn Du Dich in einer besonderen Situation befindest, und das tust Du mit Sicherheit, wenn Du unter Migräne leidest, dann gilt es individuelle Wege zu finden.

 

Individuell ist das Beste für Mutter und Kind.

 

Was hat Dein Kind davon, wenn Du nicht mehr kannst? Deswegen, rate ich, besuche einen Stillvorbereitungskurs, wenn Dir das Stillen wichtig ist und lese zu diesem Thema während der Schwangerschaft, so, dass Du gut vorbereitet bist. Denn Wissen schützt vor Stolperfallen und die gibt es beim Stillen zu Hauf. Ich habe auf meinem Instagram Profil zahlreiche Infos für Dich zusammen gestellt. Falls Du keinen Kurs besuchen kannst, hast Du hier die Möglichkeit ein paar Skipte zu bestellen.

 

Druck nimmst Du raus, indem Du informiert in die Stillzeit gehst und Dir ein Umfeld schaffst, das Dich in Deinen Zielen unterstützt. Nimm im Vorfeld Kontakt auf zu Personen, die Dir helfen dürfen. Lerne sie vorab kennen. Organisiere Deinen Familien- und Freundeskreis so, dass Du dann in der Stillzeit auf die Menschen zurückgreifen kannst und sie wissen, was Dir wichtig ist. Und dann? Dann lass es auf Dich zu kommen und schau wie es Dir geht.

 

Entscheide dann im Moment, was für Dich das Beste ist, denn das ist auch das Beste für Dein Kind.

 



Frage 5:

Wie geht das mit dem Abpumpen?


Die Option eigene Milch abzupumpen ist für Dich vielleicht eine gute Möglichkeit Dein Kind mit Deiner Milch zu versorgen (bzw. versorgen zu lassen) wenn es Dir nicht gut geht. Man denkt dabei schnell an eine Babyflasche. Es gibt allerdings Methoden abgepumpte Milch oder auch künstliche Säuglingsnahrung zuzufüttern, die das Stillen weniger behindern. Dazu kannst Du Dich hier informieren: Stillfreundliche Zufütterungsmethoden.

Eine gute Übersicht zum Thema Abpumpen findest Du hier: ELACTA

Und hier findest Du einen ausführlichen Artikel, was Du beim Abpumpen alles beachten kannst. Von Gewinnen der Milch bis hin zum Aufbewahren.

Dein Baby kann von Deiner Partnerin oder Deinem Partner Deine abgepumpte Milch genauso gut erhalten, wie von einer anderen Bezugsperson. Das ist eine gute Option Dich zu entlasten und in Momenten, in denen Du nicht kannst zu wissen, dass Dein Kind gut versorgt ist.


Wie finde ich eine passende Pumpe?

Es gibt viele verschiedene Pumpen. Hier findest Du einen Überblick über die möglichen Optionen.



Frage 6:

Kann man in der Trage stillen?


Ja, man kann in der Trage wunderbar stillen. Es erfordert etwas Übung und mit der Zeit gelingt es Dir bestimmt. Lockere dazu die Träger Deiner Trage etwas so, dass Dein Baby etwas tiefer rutscht und weiterhin angehockt in der Trage sitzt. Du trägst am besten einen Still-BH der sich leicht durch seitliches Verschieben öffnen lässt , wie zum Beispiel von Bravado, und hilfst Deinem Baby, indem Du Deine Brust seitlich etwas vorformst, so dass es sie gut erfassen kann.



Zum Schluss: Du bist nicht allein



Migräne in Schwangerschaft und Stillzeit kann herausfordernd, kräftezehrend und oft auch verunsichernd sein. Umso wichtiger ist es, gut informiert zu sein, sich nicht allein gelassen zu fühlen – und zu wissen, dass es verträgliche Wege und Unterstützungsangebote gibt.


Unser Ziel mit diesem Beitrag ist es, dir Wissen, Orientierung und Zuversicht zu geben – damit du deine individuelle Situation gestärkt meistern kannst.


Denn du darfst Hilfe annehmen, du darfst Fragen stellen – und du darfst gut für dich sorgen.


Wenn du noch weitere Fragen hast oder deine Erfahrungen teilen möchtest: Schreib uns gern in den Kommentaren oder per Mail.

Wir sind da, hören zu und begleiten dich – Schritt für Schritt.






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