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Interviewreihe: Mama mit Migräne - Stefanie (32)

In diesem Interview gibt uns Stefanie, 2-fach-Mama und aktuell schwanger mit ihrem dritten Kind einen wundervollen Einblick in ihren Alltag als Mama mit Migräne.



Frage 1:

Stell dich gerne den anderen Migräne-Mamas kurz vor. (Wie alt bist du? / wie viele Kinder hast du? / Seit wann leidest du an Migräne?)


Mein Name ist Stefanie, ich bin 32 Jahre alt und Mama von 2 Kindern von 8 und 4 Jahren. Gerade bin ich außerdem in der 24. Woche mit unserem 3. Kind schwanger.


Ich leider ca. seit meinem 12 Lebensjahr an Migräne, genauer gesagt an Migräne mit prolongierter Aura. Ich bin selbstständige Make up Artist und Farbberaterin und habe somit die zusätzliche Herausforderung, dass ich selbst für meine Kunden verantwortlich bin und keine Krankheitsvertretung für Migräneanfälle habe.


Gerade bei meinen Brautterminen schwingt die Angst, wegen eines Anfalls kurzfristig auszufallen immer mit. Von dem bewältigen des normalen Mama-Alltags ganz zu schweigen.

 



Frage 2:

Wie ist die aktuelle Symptomatik deiner Migräne und wie viele Migränetage hast du etwa im Monat?


Meine aktuelle Migränesymptomatik ist durch die Schwangerschaft verändert, daher erzähle ich euch von der Symptomatik vor der aktuellen Schwangerschaft.


Meist kündigt sich eine drohender Anfall bei mir bereits am Vortag an. Ich habe dann das Gefühl, dass das sehen oder lesen wahnsinnig anstrengend ist, Alltagsgeräusche sind plötzlich unangenehm und ich fühle mich sehr schlapp.

Am nächsten Tag wache ich dann meist schon mit leichten Kopfschmerzen auf, die sich bis Mittag zu einem Migräneanfall steigern.


Meine Migräneanfälle werden immer von extremer Übelkeit begleitet, jedoch kann ich mich nicht Übergeben. Oft wünschte ich mir, ich könnte es. Mein Sichtfeld ist sehr eingeschränkt und von immer wieder auftauchenden Blitzen eingerahmt. Jede Bewegung ist sehr schmerzhaft. Für die anderen wird mein Anfall durch ein hängendes Augenlid sichtbar. Ich habe Probleme die richtigen Worte zu finden und das flüssige sprechen fällt mir oft nicht so leicht.


Bei sehr schweren Anfällen, die seit ich auf hormonelle Verhütung verzichte allerdings deutlich weniger geworden sind, habe ich eine Taubheitsgefühl in der linken Gesichtshälfte, Halsseite bis hin zum Oberschenkel. Dann fällt mir oft sogar das Schlucken schwer.


In meiner Jugendzeit bis zu meiner 1. Schwangerschaft hatte ich einen Anfall pro Woche. Mittlerweile sind es ca. 2-3 im Monat. In sehr stressigen Situationen können es auch mehr sein. Außerdem habe ich festgestellt, dass meine Migräne durch einige Lebensmittel getriggert wird. So löst zum Beispiel Zartbitterschokolade innerhalb kürzester Zeit einen Anfall bei mir aus.



Frage 3:

Hat sich deine Migräne in der Schwangerschaft und später in der Stillzeit Verändert? Wenn ja wie und hatte Sie einfluss auf deine Entscheidung Für oder gegen das Stillen?


Ich hatte das große Glück, dass ich während meinen ersten beiden Schwangerschaften keinerlei Migräneanfälle hatte. Ich konnte in dieser Zeit erleben, wie sich ein Leben ohne Migräne anfühlt und habe es sehr genossen.


Die Anfälle habe sich jeweils ca. ein halbes Jahr nach Entbindung wieder eingestellt. Ich habe bei mir keinen direkten Zusammenhang zum Stillen festgestellt.


In meiner jetzigen Schwangerschaft hatte ich bisher 2 leichte Anfälle, die wirklich nicht mit den „normalen“ vergleichbar sind.




Frage 4:

Was sind deiner Meinung nach die grössten Herausforderungen in einem Alltag mit Migräne und Kind?


Die größte Herausforderung im Alltag mit Kindern finde ich die fehlenden Möglichkeit sich sofort rausnehmen zu können.


Das Durchhalten bis mein Mann nach Hause kommt und ich mich in mein dunkles Zimmer legen kann, zusammen mit der Übelkeit und der Geräuschempfindlichkeit ist eine Mammutaufgabe.


Diese Hilflosigkeit und die Enttäuschung der Kinder, wenn man dann z.B. nicht auf den Spielplatz fahren kann etc. belastet mich oft sehr. Obwohl meine Kinder über meine Krankheit bescheid wissen, bricht es mir das Herz nicht voll da zu sein und manche Versprechen nicht halten zu können.



Frage 5:

Welchen Tipp möchtest du anderen Migräne-Mamas oder jenen die es werden wollen mit auf den Weg geben?


Wenn ich anderen Migräne-Mamas einen Tipp geben darf ist es auf jedenfall der, mit eurem Umfeld offen über eure Migräne und Symptome zu sprechen.


Hilfe und Verständnis zu bekommen ist unbezahlbar.


Außerdem möchte ich jeder Mama Mut zusprechen. Es ist eine große Herausforderung, aber man kann es meistern, wenn man sich mit der Krankheit auseinandersetzt und lernt, seine Migräne zu verstehen und einzudämmen.


Lass euch nicht von Ärzten mit: „Na sie haben halt Migräne“ abspeisen, Seit offen für alternativen Heilmittel und macht euch selbst auf die Suche danach.




Frage 6:

Wie sieht ein Tag mit Migräne bei dir und deiner Familie aus?


Ein Migräne-Mama-Tag sieht meinst so aus, dass ich es am Vortag schon erahnen kann und die Möglichkeit habe, etwas den nächsten Tag zu planen.


Ich wache mit Kopfschmerzen auf und versuche als erstes etwas zu essen und viel Wasser zu trinken. Vormittags schaffe ich es oft noch meinen Alltag zu bewältigen, mich also um alles zu kümmern und zu arbeiten. Meist erreiche ich gegen 14 Uhr den Punkt, wo nichts mehr so leicht geht. Ich versuche dann eine möglichst ruhige Atmosphäre zu schaffen um zusätzliche Reize zu vermeiden.


Meine Kinder dürfen dann zugegebener Weiße auch gerne mal Fernsehen oder ans Tablett und ich lege mich neben sie und versuche einfach nur die Augen zu schließen.


Ich verständige auch gleich meinen Mann per Whatsapp über meinen Anfall und er kümmert sich dann nach Feierabend um die Kinder und das Abendessen damit ich mich in ein dunkles, stilles Zimmer legen kann. Er hat mich so kennengelernt und hat sehr großes Verständnis und dafür bin ich sehr dankbar.


Am nächsten Tag habe ich zwar oft noch Kopfschmerzen und bin sehr schlapp, aber es ist nicht mehr so einschränkend. Den Familienalltag und meinen Job kann ich dann wieder normal bewältigen.



Frage 7:

Was machst du mit deinen Kindern /deinem Kind besonders gerne an migränefreien Tagen?


Die migränenfreien Tage verbringe ich mit meinen Kindern gern damit, all die Dinge nachzuholen, die wegen einem meiner Anfälle ausfallen mussten. Oft sind es Dinge, die mit Autofahren zu tun habe, weil das mit Migräne absolut unmöglich ist.


Mir ist es sehr wichtig, das meine Kinder nicht komplett verzichten müssen, sondern immer wissen, dass wir alles nachholen, sobald es mir wieder gut geht.


Ich finde es sehr wichtig, das die Kinder keine Wut auf meine Krankheit bekommen und dann im Fall eines Falles mit Akzeptanz reagieren. Verständnis wäre meiner Meinung nach zu viel von Ihnen verlangt.



Frage 8:

Was gibt dir als Migräne-Mama Kraft im Alltag? Was machst du für dein eigenes Wohlbefinden?


Etwas was mir als Migräne-Mama Kraft gibt ist, dass sich meine „Schmerzgrenze“ durch die Krankheit wohl gesteigert hat und ich dadurch anderes leichter wegstecke.


Mein Mann ist außerdem mein Anker, dass ich mich immer auf ihn verlassen kann und weiß, dass er meine Krankheit ernst nimmt und mich unterstützt wo es geht schenkt mir enorm viel Kraft.


Ich versuche meinen Körper und die Krankheit zu verstehen und mir selbst zu helfen, die Anfälle zu verringern. Ich habe mich sehr viel damit beschäftigt und konnte durch regelmäßige Darmsanierungen, Ernährungsumstellung und den Verzicht von künstlich zugeführten Hormonen mein Wohlbefinden enorm steigern.



Frage 9:

Was ist für dich das schönste am Mamasein?


Ich liebe das Mamasein sehr und hätte niemals wegen meiner Migräne auf meine Kinder verzichten wollen.


Kinder zu haben ist für mich die absolute Erfüllung und mehr brauche ich im Leben nicht um glücklich zu sein.



Frage 10:

Hast du Unterstützung während deiner Migräne? Wenn ja wer greift dir unter die Arme?


Ich habe am meisten Unterstützung von meinem Ehemann, aber auch unsere Eltern helfen mir bei Anfällen mit den Kindern.


Und sei es nur, wenn sie für mich das Abholen mit dem Auto übernehmen. Dafür bin ich sehr dankbar.




Frage 11: Wie hat sich dein Leben mit Migräne gewandelt, seitdem du Mama bist?


Seit ich Mama bin hat meine Migräne einen anderen Stellenwert in meinem Leben bekommen.


Als Single habe ich sie einfach akzeptiert, sie ausgehalten und mich eben ins Bett gelegt. Als ich Mama wurde habe ich ihr den Kampf angesagt und ihr damit gleichzeitig weniger Raum geschenkt.


Das ich nun von meinen Kindern gebraucht werde, hat mir den Ehrgeiz gegeben mein Schicksal nicht mehr einfach hinzunehmen, sondern zu versuchen etwas zu verbessern.



Frage 12: Was hast du durch deine Migräne schon alles gelernt?


Ein großes Learning ist für mich, dass man Menschen ihre Krankheit nicht zwingend ansehen muss. Wir gehen immer leicht davon aus, dass wir kranke Menschen als solche erkennen, aber dem ist nicht so.


Schließlich sieht man uns unsere Migräne meist nicht an und so ist es auch mit vielen anderen Krankheiten. Ich urteile anders über Menschen und deren Verhalten und versuche jedem unvoreingenommen zu begegnen, Schließlich kann ich nie wissen, welchen Kampf er hinter verschlossenen Türen austragen muss.



Frage 13: Möchtest du werdenden Mamas mit Migräne und allen anderen Mamas mit Migräne noch etwas mit auf den Weg geben was dich beschäftigt?


Ich möchte allen Migräne-Mamas gerne Mut schenken. Den Mut über Ihre Krankheit zu sprechen, den Mut sich dem Alltag damit zu stellen und den Mut neue Wege zu gehen. Sucht euch eure persönlichen Verbündeten, legt euch einen Plan B für Notfälle zurecht und probiert Neues auch.


Wir sind Frauen und haben damit automatisch schon enorme Kräfte ins uns die es zu entfesseln gilt. Wir schaffen es bei einer Geburt die Schmerzen auszuhalten, die mehrfacher Knochenbrüchen gleich kommen, weil wir uns ein Kind gewünscht haben.


Und wir Migräne-Mamas sind sowieso Superheldinnen, wir haben eine Zusatzherausforderung bekommen und uns trotzdem dafür entschieden unser Leben kleinen Lebewesen zu widmen, die unsere volle Aufmerksamkeit benötigen.


Wenn das mal nicht heldenhaft ist.


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