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Interviewreihe: Mama mit Migräne -Sarah (37)

Aktualisiert: 7. Sept. 2023

In diesem Blogbeitrag stelle sich Sarah vor. Sarah ist zweifach Mama und leidet am Migräne ohne Aura. In ihrem Interview spricht sie über das Mamasein als Migränikerin mit allen Fassetten die dazu gehören.



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Frage 1:

Stell dich gerne den anderen Migräne-Mamas kurz vor. (Wie alt bist du? / wie viele Kinder hast du? / Seit wann leidest du an Migräne?)

Ich heiße Sarah, bin 37 Jahre alt, glücklich verheiratet und Mama von zwei tollen Kindern. Mein Sohn ist 6 Jahre alt und vor kurzem habe ich noch eine kleine Tochter bekommen, die nun 6 Monate alt ist. Seit ich denken kann, leide ich schon unter Kopfschmerzen und mit Beginn der Pubertät wurde bei mir Migräne (ohne Aura) diagnostiziert.



Frage 2:

Wie ist die aktuelle Symptomatik deiner Migräne und wie viele Migränetage hast du etwa im Monat?

Aktuell habe ich ca. 6- 8 Migränetage im Monat.

Die Migräne kündigt sich bei mir durch diverse Symptome an, wie z.B. Heißhunger auf Süßes oder Herzhaftes, übertriebenes Stimmungshoch oder vermehrtes Gähnen. Danach beginnt ein einseitiges Ziehen im Nacken und der Schmerz beginnt. Normalerweise greife ich dann schon zu meinen Triptanen um Schlimmeres zu verhindern, was auch meistens hilft. Allerdings gibt es auch Tage an denen die Tabletten nicht richtig helfen und ich mich hinlegen und schlafen muss. Dann ist die Migräne auch oft so heftig, dass auch Übelkeit und Erbrechen hinzukommt.

Meistens ist meine Migräne hormonell bedingt und dauert dann mehrere Tage. Ich habe dann 2 Tage Schmerzen auf einer Kopfseite und dann wechselt sie zu der anderen Seite für 2 Tage. Zwischendurch muss ich dann immer wieder zu meinen Triptanen greifen, um meinen Alltag halbwegs meistern zu können.

Einzelne Migränetage habe ich habe ich durch andere Trigger wie abfallender Stress, Wetterumschwung, Unregelmäßigkeit im Alltag und Essverhalten, extreme Gerüche, Alkohol oder Verspannungen im Nacken. Gerade bei Verspannungen ist die Migräne nicht typisch einseitig, sondern mittig vom Kopf.



Frage 3:

Hat sich deine Migräne in der Schwangerschaft und später in der Stillzeit Verändert? Wenn ja wie und hatte Sie einfluss auf deine Entscheidung Für oder gegen das Stillen?

Während meiner ersten Schwangerschaft litt ich die ersten 3 Monate unter Migräne, allerdings etwas schwächer als vorher. Daher hatte ich sie mit viel Ruhe und Hausmitteln wie Espresso mit Zitrone, kalte Umschläge und Minzöl ganz gut im Griff. Nach der Geburt meines Sohnes war ich die ersten 3 Monate migränefrei. Da ich leider nur wenige Wochen stillen konnte, hatte meine Migräne auf das Stillen gar keinen Einfluss.


Bei meiner zweiten Schwangerschaft vor kurzem hatte ich bis kurz vor ET sehr oft Migräne, die auch leider sehr intensiv war. Darunter habe ich sehr gelitten und konnte, wenn möglich, nur im Dunkeln liegen bleiben und aushalten. Dazu kamen dann noch die üblichen Schwangerschaftsbeschwerden wie Übelkeit usw.. Triptane wollte ich nicht mehr nehmen, auch wenn ich das Ok meiner Ärzte hatte. Selbst am Tag der Geburt meiner Tochter und Tage danach hatte ich wieder starke Migräne. Dass das Stillen dieses Mal besser und länger klappt, war mir sehr wichtig und die Migräne nahm ich dafür erst mal in Kauf. Aber irgendwann konnte ich die Schmerzen nicht mehr aushalten oder mit gewöhnlichen Schmerzmitteln lindern und nach Rücksprache mit meiner Hebamme griff ich wieder zu Triptanen, welche in der Stillzeit erlaubt sind. Wäre dies nicht möglich gewesen, hätte ich mich sicher gegen das Stillen entschieden.



Frage 4:

Was sind deiner Meinung nach die grössten Herausforderungen in einem Alltag mit Migräne und Kind?

Meine bislang größte Herausforderung war die Migräne in der zweiten Schwangerschaft, denn ich hatte ein sehr schlechtes Gewissen meinem ersten Kind gegenüber. Ich konnte nicht einfach eine Tablette nehmen und weiter funktionieren wie bislang.

Jede Mama weiß, dass es eigentlich unmöglich ist, selbst krank zu werden. Eine Mama muss immer funktionieren. Mit einer Migräne ist es nichts anderes. Manchmal möchte man sich morgens, wenn man mit Migräne wach wird, einfach krankmelden, aber das geht nicht. Da muss man einen Weg finden, trotzdem für seine Kinder da zu sein.



Frage 5:

Welchen Tipp möchtest du anderen Migräne-Mamas oder jenen die es werden wollen mit auf den Weg geben?

Auch wenn es schwer ist, mit Migräne schwanger zu sein oder Mama zu sein, es geht irgendwie. Wir Mamas können ganz schön was aushalten, ob mit oder ohne chronische Erkrankung.

Trotzdem sollte man nach Möglichkeit da nicht allein durch, sondern auch nach Hilfe innerhalb der Familie oder bei Freunden bitten.

Und es ist sicher nicht egoistisch, an sich selbst zu denken und bewusst Auszeiten zu nehmen, um Kraft zu tanken, die man als Mama, vor allem mit Migräne, braucht. Viele Menschen, die unter Migräne leiden, leiden gleichzeitig auch unter starkem Perfektionismus. Das sollte man auf jeden Fall versuchen abzulegen (ich selbst arbeite noch daran). Kinder brauchen keine perfekte Mama, sondern eine Mama, die für sie da ist.



Frage 6:

Wie sieht ein Tag mit Migräne bei dir und deiner Familie aus?

Ein Tag, an dem ich Migräne habe, den Schmerz aber durch meine Triptane im Griff habe, ist eigentlich ein Tag wie jeder andere. Ich bin dann zwar müde und teilweise auch gereizt, aber funktioniere fast wie gewohnt.

Sollte sich der Schmerz durch die Tabletten nicht bessern, rede ich mit meinem Mann und muss ich mich, wenn möglich zurückziehen und schlafen. Sollte ich mit den Kindern alleine sein, rede ich offen mit meinem Sohn darüber, dass es mir nicht gut geht und ich mich viel ausruhen muss. Ich erledige dann nur die notwendigsten Dinge und freue mich, wenn ich endlich mit den Kindern ins Bett gehen kann. Meinen Perfektionismus muss ich an solchen Tagen ablegen, auch wenn mir das noch sehr schwerfällt.



Frage 7:

Was machst du mit deinen Kindern /deinem Kind besonders gerne an migränefreien Tagen?

Wir versuchen täglich rauszugehen, auch wenn es nur in den Garten ist oder ein kleiner Spaziergang mit unserem Hund.

Das Wichtigste ist, dass man einfach die Zeit genießt und miteinander verbringt, egal was man dabei tut.



Frage 8:

Was gibt dir als Migräne-Mama Kraft im Alltag? Was machst du für dein eigenes Wohlbefinden?

Meine Kinder geben mir tatsächlich die meiste Kraft. Sie zufrieden und glücklich zu sehen ist für mich das Wichtigste und die größte Motivation.

Bevor ich Mama wurde, habe ich sehr viel Yoga gemacht, was mir mittlerweile nur noch selten gelingt. Aber einfach ein bisschen „Me-Time“ abends, wenn alle schlafen, reicht mir schon aus.



Frage 9:

Was ist für dich das schönste am Mamasein?

Vom positiven Test an sind es die Entwicklungen, die mich faszinieren. Zu sehen, wie Kinder wachsen, ihren Charakter entwickeln und sie sämtliche Meilensteine erreichen.

Meistens sind es aber einfach die kleinen Dinge im Alltag. Wenn sie wach werden und einen anlächeln, sich über Kleinigkeiten freuen oder Spaß beim Spielen haben.

Gerade jetzt finde ich es besonders schön, wie stolz der große Bruder auf seine kleine Schwester ist und wie sehr sie ihn anhimmelt.



Frage 10:

Hast du Unterstützung während deiner Migräne? Wenn ja wer greift dir unter die Arme?

Mein Mann ist mir natürlich eine Stütze, wenn er sich während einer schlimmen Migräneattacke um die Kinder kümmert. Ich hätte sicher noch etwas mehr Unterstützung von der Familie, wenn ich darum bitten würde. Das fällt mir allerdings noch schwer und ich versuche, so lange es geht, alles selbst zu meistern.



Frage 11: Wie hat sich dein Leben mit Migräne gewandelt, seitdem du Mama bist?

Eine Mama- Migräne ist definitiv eine andere als die zuvor. Ich achte noch mehr als zuvor darauf, Dinge zu vermeiden, die eine Attacke auslösen könnten. Ich kenne meine Trigger, aber trotzdem lässt sich eine Attacke nicht immer vermeiden.

Dann nehme ich sehr frühzeitig meine Triptane um schnell wieder für meine Kinder funktionieren zu können.



Frage 12: Was hast du durch deine Migräne schon alles gelernt?

Nach vielen Jahren mit Migräne, gefühlt 1000 verschiedenen Arztbesuchen, diversen Prophylaxen (die mir nie was brachten), einer Reha mit diversen Therapien, Lesen von vielen Büchern und Ratgebern zu dem Thema, vielen „gut gemeinten“ Tipps habe ich erst vor kurzem für mich herausgefunden:

Die Migräne ist ein Teil von mir und das wird sich nie ändern. Ich werde mit ihr leben müssen und das ist ok. Ich ärgere mich nicht mehr darüber, wenn ich wieder eine Attacke habe, sondern versuche bestmöglich durchzukommen.



Frage 13: Möchtest du werdenden Mamas mit Migräne und allen anderen Mamas mit Migräne noch etwas mit auf den Weg geben was dich beschäftigt?

Viele Dinge in meinem Leben habe ich nicht gewagt, weil meine Migräne mir im Weg war. Komischerweise hatte ich in Bezug auf Schwangerschaft und Kinder nie Bedenken wegen meiner Migräne. Und ja, es war und ist nicht einfach, aber es ist machbar und es ist es allemal wert.

Es kann schwer sein in der Schwangerschaft, aber es gibt auch Frauen, bei denen sich die Migräne bessert. Und egal wie schlimm es bei mir war, ich würde wieder schwanger werden und all das in Kauf nehmen. Es gab eine Situation in der letzten Schwangerschaft, in der ich seit Tagen starke Migräne hatte und nur noch weinen konnte. Genau da habe ich die ersten Bewegungen meines Babys gespürt und ich wusste, dass es all die Schmerzen wert ist.

Wir Mamas sind einfach unglaublich stark und wissen es manchmal gar nicht.


 
 
 

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